Erfurt, Augustinerkloster.
In der Bibliothek ruht mancher Schatz. Ganz offen. Aber auch verschlossen. Mich interessiert weniger, was sich – zweifellos von gewisser Schönheit – freimütig präsentiert.
Ich hätte gern die Schlüssel zu den Sprachzeugnissen, die hinter Gitter gehören.
Bücher im Giftschrank – was darin wohl geschrieben steht? Vielleicht sind diese Folianten einfach nur altersbedingt schutzbedürftig. Meine Phantasie wittert aber lieber verbotene Worte. Verboten: warum? Weil sie mehr Wissen enthalten, als wir vertragen könnten? Weil sie eine Wahrheit als vermeintlich entlarven, mit der zumindest manche von uns sich die Welt so trefflich erklären?
Was Wahrheit ist, können wir nicht endgültig feststellen. Das ahnen wir, während wir oft entgegen dieser Einsicht handeln.
Müssen wir eigentlich so handeln, als ob es eine Wahrheit gäbe?
Oder müssen wir so handeln, als ob es keine Wahrheit gäbe?